Geschichten von damals - Der einstige Oberpfälzer Speisezettel

Mit „Erdepfl in der Frej (Frühe), mittags in da Brej (Brühe), auf d’Nacht in die Heit (Häuten), Erdepfl in alle Ewichkeit“ beginnt der gebürtige Adlholzer Heimatkundler Josef Wismet (25.1.1936 – 24.12.2017) seine Aufzeichnungen über Essgewohnheiten einstiger Tage. Er fährt fort, dass die Oberpfälzer schon immer „sehr findig“ gewesen seien, die Kartoffel auf verschiedenste Weise zuzubereiten. Bitte melden sie sich bei der Heimatpflegerin Marianne Moosburger, wenn Sie etwas korrigieren oder ergänzen möchten, Tel. 09664/1634.

Erst im 18. Jahrhundert kam die Kartoffel in die Oberpfalz. Doch litten die Menschen trotzdem immer wieder schlimme Not. Die wetterbedingten Hungersnöte von 1770 bis 1772 und die von 1916 blieben noch lange im Gedächtnis. Nicht genug, dass es oft „mehr Steine als Ernteertrag“ gab, auch durch viele Krankheiten der geschwächten Menschen wurde fast schon regelmäßig immer wieder nicht nur die Bevölkerung auf dem Land dezimiert.

Noch um die Jahrhundertwende gab es nicht nur in der Oberpfalz Kartoffeln oft schon zum Frühstück, zur Mittagszeit kamen sie wieder als Erdäpfelsuppe aus Mehl, Wasser und einem Ei auf den Tisch, auch mal als Fingernudeln, Kartoffelnudeln oder dem „Zwirl“, einem Kartoffelschmarrn. Am Donnerstag gab es traditionell „Spotzn“, Reiberknödel und in der Saison auch Schwammerl dazu. Am Freitag dann „Uraweckl“ aus Roggenmehl und dazu eine Brühe. Nur an hochheiligen Feiertagen, schreibt er, gab es ein Stückl Schweinernes oder G‘selchtes, geräuchertes, oft fettes Fleisch dazu.

Aus gekochten Kartoffeln formte man Maultaschen, g’stutze Nudeln, Krautnudeln und nicht zu vergessen die „Ura“ oder „Sauerknödel“, sowie die „bachenen Knödel“, die Rohrnudeln.

Bei harter Arbeit gab es die „Brumfsuppn“, erzählt Wismet. Sie bestand aus Wasser, einem Einbrenn und eingebröckeltem Brot oder eingerührter „Hirgstmilch“. Dazu kam ein Kartoffelgericht wie Hefedotsch, Reibadatschi, ein Erdäpfelsterz mit saurer Milch, Erdäpfelbrösel, Gänsnudeln oder „Gurgelmarterer“, „Bauchstecherl“ aus Roggenmehl mit Kletzenbrühe, selten auch Brotknödel aus Weizenmehl.

Das Angebot an Suppen war sehr vielfältig: recht unbeliebt war die „Wasserschnalzn“ oder „Fuaßwassersuppn“, die aus dünn geschnitzeltem Brot und gerösteten Zwiebeln bestand. Es gab aber auch die verfeinerte, geschmalzene Hougsatsuppn, die Hochzeitssuppe mit verschiedenen Einlagen, allerdings oft nur bei Hochzeiten. Auch Brot-, Mehl-, Koch- und Milchsuppen wie auch saure Suppen kannte man. Ebenso Schwarzwurzel-, Buttermilch-, Rüben-, Brenn-, Bier-, Kartoffel- oder Krautsuppen, kannte man.

Auflaufarten mit saisonalen oder eingemachten Früchten gehörten ebenso das ganze Jahr über zum Speisenplan. Beliebt waren sie besonders mit Heidelbeeren, Kirschen oder gar als „Böisdatsch“, wobei Böis die erste Milch einer Kuh nach dem Kalben war, auch „Biestmilch“ genannt.

Ein „ungemein wichtige Speise in der Oberpfalz war auch das Sauerkraut“ hielt Josef Wismet fest. Da brauchte die Bäuerin nur das Sauerkraut in einen gusseisernen Topf füllen, ein Stück Geselchtes dazu und den Hafen mit der Ofengabel an das Feuer rücken. Ein Stück Schwarzbrot dazu und fertig war das Mahl. „Kraut a Fleisch“ war ein altherkömmliches, bekanntes Bauernessen. Ohne Fleischbeigabe war es ein „blindes Kraut“, aber es gab auch Hefenudeln, Fingernudeln oder Kartoffel dazu. Die Suppe wurde durch die Krautbrühe ersetzt und mit dem Löffel gegessen. Ein überbrühter Krautsalat, am besten mit „Speckla“, angebratenen Würfeln aus geräuchertem Bauch, galt als Leckerbissen.

„Der Krautvogel schreit“ hörte man zur Mittagszeit von den Dienstboten, aber auch „Wer auf Gott vertraut, isst kein Kraut“ und „Kraut, Kraut füllet die Haut, schwächt das Bein, macht die Backen klein“. Sehr unbeliebt, wohl auch wegen der Blähungen, war Kraut am Abend, denn es hieß „Kraut auf d’Nacht, schaut der Tod herein.“

Oft wurden am 2. November, dem Fest Allerseelen, dem „Spitzltag“, da man einen Hefezopf von seinem Paten, seiner Patin bekam, die Krauthäupl gehobelt, im Keller in das Krautfassl geschüttet und mit etwas Salz, Äpfel, auch Erbsen abgeschmeckt. Barfüßig musste dann meistens ein Kind das Kraut so lange treten, bis es „pfützte“, also Wasser zog. Vor allem zur Winterszeit durchzog die Häuser fast überall jener spezielle Sauerkrautgeruch, den man angeblich nur länger ertragen konnte, wenn man ihn von Kindheit auf gewöhnt war.

Für Wöchnerinnen hieß ein häufiges Essen „geschnittenen Milchnudeln“, notierte Wismet. Kam ein Besuch, ein „Feiertagener“, dann servierte man sogar „Eingeschlagene“, also Rühreier. Milchreis mit Weinbirln, Klementinen oder Kompott mochten vor allem die Kinder.

Nur zur Kirchweih gab es, so Josef Wismet, eine alte Henne oder ein Gockerl. Leber-, Kraut-, Koch- oder gar Bratwürste gönnte man sich selten, oft nur nach der jährlichen Christmette. Deshalb nannte man sie dann auch „Mettenwürst“, eine Delikatesse nach der Adventszeit, in der man sich der Fleischspeisen enthalten hatte.

Fische und Wild kamen selten auf den Tisch und „Kinihasen“, Stallhasen, waren ein Essen für kranke Leute. Kam man aber auf einen der traditionellen Märkte, leistete man sich dort „(Roß)Pani“, Selchfleisch vom Pferd oder ein Paar Rossbratwürste.

Der Kaffee war ein Teil des Mittagessens und hieß auch Kaffeesuppn, so der Chronist. Diese wurde aber nicht getrunken, sondern gegessen. Dazu hatte man Schwarzbrot hineingebrockt, was dann ausgelöffelt wurde. Echten Kaffee ersetzte man durch Malz oder man röstete Eicheln oder Rangersen (?) und man sparte damit die Zichorie.

Brot war von jeher kostbar, ganz besonders das Hellere aus Weizenmehl, das meist zum Knödelbrot wurde. Einem Brot vom Roggenmehl mischte man auch oft Kartoffelmehl hinzu. Gern aß man auch „Schoittln“, dünne Brotfladen. Trockenes und hartes Schwarzbrot und Schrotbrot wurde ebenso oft vertilgt. Ganz früher aß man auch mehr Hafer- oder Gerstenbrot, erzählt Wismet, dazu gab es selbst gebrautes „Erntebier“ oder den so genannten „Scheps“, das Standerlbier.

Josef Wismet schloss seine Aufzeichnung mit: „Es ändert sich nicht nur die Zeit, sondern auch ständig die Speise der Menschen“ und „Essen und Trinken soll den Leuten vergönnt sein, denn es hält Leib und Seel zamm!“.

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